Novemberleben feiern/ Els Jegen
Novemberfeier
November, grau und neblig.
Das Thema Tod durch Feiertage und Gedenkfeiern gegenwärtig.
Das Leben feiern.
Eine Künstlerinfreundin, Els Jegen, starb 76jährig. Die BegleiterInnen ihrer letzten Monate luden zur Feier des Lebens: Wertschätzung und Würde prägten den Nachmittag. Geschichten lebten auf, mit ihr Erlebtes ploppte bunt ins Gedächtnis. Berührende Momente bei den Erzählungen zweier Männer: ihr früherer Mann las aus einem Brief vor, in dem sie fragte, ob sie in ihrer Beziehung gelacht hätten. Ihr um viele Jahre älterer Bruder berichtete aus der frühen Kindheit seiner kleinen Schwester. Nach jahrelangem Schweigen hatte Els mit beiden wieder Kontakt aufgenommen.
So bunt und vielfältig ihr Leben war, hatte Els sich auch ihre Abschiedsfeier vorgestellt und sie entsprechend vorgeplant. Ein grosses rundes Buch mit Seiten aus tibetischem handgeschöpften Papier in der Mitte zusammengenäht und in weichen Filz gehüllt liess sich halbmondig umblättern. Mit verschiedenen Stiften, Pinseln hatte sie darin Geschichten, Erinnerungen beschrieben, Fotos, Stofffetzen dazu geklebt, gemalt, mit Ornamenten verbunden.
«Und nun, tot wie ich (Els) nun bin, bin ich ganz und gar auf dem Weg, wo meine Traumwelt und meine Realität sich die Hand reichen und zusammen verzauberten Weg gehen…Ade, ade, habt es gut und fein, ich wünsche euch einen fröhlichen Apèro mit vielen Geschichten, verspielte und ernste, und noch viel mehr lachende, mit Schalk bespickte!»
Am Dreikönigstag werde ich ins nahe Frankreich fahren, ein Museum besuchen, in ein Café gehen und Dreikönigskuchen Els zu Ehren essen. Beinah jährlich hatten wir uns einen grenznahen Ort ausgesucht, genossen in Vorfreude die Reise in französischen Regionalzügen, erzählten uns kichernd die Strassen entlang gehend reale und erfundene Geschichten, wählten unter vielem Hin und Her ein uns stimmig erscheinendes, gemütliches, genügend Platz bietendes Kaffeehaus, lachten und bissen vorsichtig in die Galette des Rois, neugierig, wer die Bohne und somit die Krone gewönne. Meist liessen wir uns gleich zwei Pappkronen geben und erschufen als Königinnen neue Reiche: gleichwertig darin die Gesellschaft, gerecht, glücklich. Wir schrieben kleine Texte, Gedichte, lasen sie uns bekrönt vor. Es freute uns, wenn sich die Gesichtszüge der anderen erhellten, sich ein Lächeln ob unserer sichtbaren Lebenslust einstellte, sodass wir auf unser aller Königin, König sein die Kaffeetassen und Teegläser hoben und den Damen und Herren an den nächstgelegenen Tischen zuprosteten.
Möge alle Wesen in ihrer königlichen Würde erstrahlen.