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Frau Magnusson und die letzten Dinge

„Wenn man seine Dinge in Ordnung bringt und es einem gelingt, ist das äusserst tröstlich und der Gewinn unermesslich.“

Diesen Satz von Leonhard Cohen stellt Frau Magnusson ihrem Buch voran. In der Tat ist ihre Art über das Thema zu schreiben, tröstlich und gewinnbringend. Anders als viele in letzter Zeit erschienene Ratgeber zum Minimalisieren des Haushalts – schon allein ein Titel wie „Weg damit“ klingt für mich eher brutal als anregend – kommt Frau Magnusson mit ihrem Alter zwischen 80 und 100 Jahren, wie sie kokett schreibt, uns erzählend so entgegen, dass wir beherzt diese Aufgabe anpacken möchten. Döstädning, so berichtet sie von ihrer schwedischen Heimat, bedeutet, dass man aufräumt, bevor man stirbt.

Frau Magnusson weiss, wie schwer dies fallen kann und empfiehlt Zeit und Geduld. Doch solle man nicht zu lange warten, um mit dem Prozess anzufangen. Sie nennt Kategorien, nach denen man sich richten kann: verschenken, wegwerfen, dalassen, mitnehmen. Fotos und Briefe sollten als letztes begutachtet werden. Sie beschreibt die Wohnungsauflösungen, die sie nach dem Tod von Eltern und Schwiegereltern sowie nach dem Tod ihres Mannes zu bewerkstelligen hatte. Als sie selber von einem Haus in eine Wohnung zog, gab sie sich für jedes Zimmer eine Woche Zeit: sie lud ihre Kinder und Kindeskinder ein, Verwandte und FreundInnen, NachbarInnen, damit sie sich umschauten und Wünsche äussern konnten. An manche Gegenstände heftete sie die Namen derjenigen, denen sie diese zugedacht hatte.

Köstlich ihre Vermutungen über die Wikinger:

„Wenn sie ihre Verstorbenen beerdigten, legten sie ihnen eine Vielzahl von Gegenständen ins Grab. Den Toten sollte es an nichts fehlen. Die Grabbeigaben waren für die Hinterbliebenen auch die Gewähr nicht von den Geistern der Toten heimgesucht zu werden, deren persönliches Hab und Gut herumlag und Erinnerungen weckte… Ist so etwas heute vorstellbar?“(S.54)

Sie weiss, wie gern wir neue Sachen zum Anziehen kaufen, weil wir uns dann schöner und attraktiver fühlen. Umso mehr freut sie sich, wenn ihr eine junge Frau stolz erzählt, dass ihr hübsches Kleid aus einem Second-Hand-Laden stammt – es gibt doch noch Hoffnung für den Planeten! (S. 78)

Frau Magnussons Ratschläge sind achtsam für die Dinge, heiter, gelassen für das Tun und zugewandt den Menschen. Kochbücher kommen dran, den Haustieren ist ein Kapitel gewidmet, vom Garten wird Abschied genommen. Fotos transferierte sie auf einen USB-Stick. Die Geschichte/n des Lebens werden gewürdigt.

„Bevor etwas in den Schredder wandert, halte ich einen Augenblick inne, um über das Ereignis oder die Gefühle nachzudenken, die damit verknüpft sind (egal, ob gute oder schlechte). Dann mache ich mir klar, dass sie ein Teil meiner Geschichte sind, ein Teil meines Lebens.“(S. 153).

Margareta Magnusson: Frau Magnussons Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2018, 160 Seiten, aus dem englischen von Rita Seuss

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