Ursprung, Rigveda
Damals war nicht das Nichtsein, noch das Sein,
Kein Luftraum war, kein Himmel drüber her. –
Wer hielt die Glut der Welt, wer schloss sie ein?
Wo war der tiefe Abgrund, wo das Meer?
Nicht Tod war damals, noch Unsterblichkeit,
Nicht war die Nacht, der Tag nicht offenbar.
Es hauchte windlos in Ursprünglichkeit
Das Eine, ausser dem kein Andres war.
Von Dunkel war die ganze Welt bedeckt,
Ein Ozean ohne Licht, in Nacht verloren, –
da ward, was in der Schale war versteckt,
Das Eine durch der Glutpein Kraft geboren.
Aus diesem ging hervor, zuerst entstanden,
Als der Erkenntnis Samenkeim, die Liebe,
Des Daseins Wurzelung im Nichtsein fanden
Die Weisen, forschend in des Herzens Triebe.
Als quer hindurch sie ihre Messschnur legten,
Was war da unterhalb? und was war oben? –
Keimträger waren, Kräfte, die sich regten,
Selbstsetzung unten, Angespanntheit droben.
Doch wem ist auszuforschen es gelungen,
Wer hat, woher die Schöpfung stammt, vernommen?
Die Götter sind diesseits von ihr entsprungen.
Wer sagt es also, wo sie hergekommen?
Er, der die Schöpfung hat hervorgebracht,
Der auf sie schaut im höchsten Himmelslicht,
Der sie gemacht hat – oder nicht gemacht,
Der weiss es, – oder weiss auch er es nicht?
Rigveda X/129 um 1000 vor der Zeitrechnung, aus dem Sanskrit von Prof.Dr. Paul Deussen, 1845-1919
Diesen Schöpfungsmythos mag ich seiner Fragen wegen, denn wir wissen nicht, wie alles entstand, sich fügte . Wo fängt etwas an? Wie?
Und dass die Liebe aus der Erkenntnis keimt, ist eine schöne Vorstellung, noch dazu, wo sie das Erste ist, das sich formt.
Veda bedeutet Wissen, Weisheit, rg/rig heisst Verse.
Rigveda gehört zu den ältesten Schriften der indischen Kultur.